Es war einmal vor vielen Jahren in einem Krankenhaus irgendwo in Deutschland.
Ein junger Arzt saß in seinem Arztzimmer, als er plötzlich über einen medizinischen Notfall auf der Station informiert wurde.
Er eilte herbei.
Reanimation hatte er gelernt. Aber in der Realität ist Reanimation etwas ganz anderes.
Wie die Begegnung mit einem Sturm mitten auf dem Ozean, wenn man Stürme bisher nur von Trockenübungen kannte.
Die Reanimation war erfolgreich. Der Patient überlebte.
Zwei Wochen später saß derselbe junge Arzt im selben Arztzimmer, als es an der Tür klopfte.
Es war der reanimierte Patient.
Der Patient trat ein und sagte, er werde bald entlassen und wolle sich zum Abschied für zwei Dinge bedanken:
Erstens dafür, dass sein Leben gerettet wurde. Ohne die Wiederbelebung hätte er nicht überlebt.
Er sei aber auch von etwas anderem geheilt worden.
Von seinen Vorurteilen.
Wie kann man Ressentiments gegen Menschen mit dunkler Hautfarbe und Migrationshintergrund hegen, wenn das eigene Leben von einem solchen Menschen gerettet wurde?
Diese Geschichte ist viele Jahre her, und ich kenne den jungen Arzt persönlich.
Denn dieser Arzt war ich selbst.
Und der Patient von damals ist heute ein langjähriger Freund.
An diese Begegnung musste ich vor vielen Monaten denken, als ich zufällig eine Dokumentation über Rassismus und die Kriege der Menschheit sah.
Menschen, die nichts voneinander wussten – und sich dennoch mit Hass und einem Gewehr gegenüberstanden.
Menschen, die genauso gut zusammen Fußball spielen, in den Urlaub fahren oder einfach nur ihr Leben retten könnten, anstatt sich gegenseitig ins Elend zu stürzen.
Werden Menschen mit Feindschaft oder Hass geboren oder muss man ihn erst schüren?
Wie hat Richard von Weizsäcker einmal gesagt:
„Lassen Sie sich nicht hineintreiben in Feindschaft und Hass gegen andere Menschen, gegen Russen oder Amerikaner, gegen Juden oder gegen Türken, gegen Alternative oder gegen Konservative, gegen Schwarze oder gegen Weiße. Lernen Sie, miteinander zu leben, nicht gegeneinander.“