Ostern.

Ein Essay von REZA HAFIZ

Als Kind war für mich Ostern die Zeit mit den bunt bemalten Eiern und dem Suchen nach Schokoladenhasen.

Erst viel später, als ich selbst im Leben durch schwere Zeiten ging, habe ich begriffen, was Ostern wirklich bedeutet.

Ostern ist für mich nicht bloß ein religiöses Fest einer bestimmten Religion.

Es ist eine in meinem Leben oft erlebte Erkenntnis, dass etwas sterben – und doch weiterleben, dass etwas verloren – und doch zurückkehren, und etwas zerbrechen – und dennoch heil werden kann.

Denn die Auferstehung, die wir feiern, ereignet sich nicht in unserem religiösen Bekenntnis – sie geschieht in uns.

Wenn wir vergeben. Wenn wir aufstehen. Wenn wir uns trauen, trotz allem weiterzumachen.

Ja, Ostern ist kein Fest der Starken. Es ist das Fest der Gebrochenen, der Verlorenen, der Suchenden.

Es ist für jene, die gefallen sind – und die sich fragen, ob sie jemals wieder aufstehen werden.

Wer Ostern feiert, ohne je verloren gewesen zu sein, feiert Oberflächlichkeiten.

Wer aber schon einmal ganz unten war – sei es durch einen Verlust, eine Krankheit oder das langsame Verblassen des eigenen Mutes – der versteht:

Ostern ist nicht eine Geschichte von damals. Es ist unsere eigene Geschichte.

Jedes Mal, wenn wir uns selbst wiederfinden – dort, wo wir uns verloren glaubten.

Denn Ostern ist die Wiederauferstehung unserer eigenen Menschlichkeit.

REZA HAFIZ